Die Stimme ist für 25 bis 30 Prozent aller Berufstätigen ein wichtiges Werkzeug. Für Schauspieler ist sie neben Mimik und Gestik das wesentliche Ausdrucksmittel – die Stimme vermittelt, was wir fühlen und denken.
Deshalb können Krankheiten der Stimme für Schauspieler zum großen Problem werden.

Die Vorstellung, die Stimme zu verlieren, ist für die meisten der Horror.

Wenn die Stimme nicht mehr stimmt, dünn und brüchig klingt, nicht mehr belastbar ist oder das Sprechen Mühe macht, gar Schmerzen bereitet, sollte nach den Ursachen gesucht werden.

Rein mechanisch betrachtet entsteht die Stimme, indem die beiden Stimmlippen, die horizontal im Kehlkopf angeordnet sind, mit Ausatmungsluft angeblasen werden. Dazu werden die Stimmlippen mit Muskelkraft aneinandergelegt. Und gegen diesen Verschluss bläst die Ausatmungsluft an und bringt die Stimmlippen in Schwingung. Und mit den Stimmlippen gerät auch die Luftsäule oberhalb des Kehlkopfs in Schwingung.

Die Ursachen von Stimmstörungen sind vielfältig. 
Häufige Ursache für eine akute Heiserkeit ist ein Infekt der oberen Atemwege, Schnupfen und Halsentzündung. Und da kann es sehr leicht passieren, dass die Entzündung auf den Kehlkopf übergreift und die Schleimhaut dazu bringt, dass sie anschwillt und deshalb anders schwingt als normal -das bezeichnen wir dann als „heiser“.

Heiserkeit kann die Folge einer Erkrankung oder sogar ein Frühwarnsignal für Kehlkopfkrebs sein. Oft wird die heisere Stimme von Halsschmerzen oder Räusperzwang begleitet. Das Sprechen wird anstrengend, es entstehen Kiekser oder andere Nebengeräusche – kurz: Heiserkeit kann sehr unangenehm sein.

Es können aber auch organische Veränderungen hinter einer langwierigen Heiserkeit stecken, z.B. Kehlkopfkrebs. Früh erkannt hat er sehr gute Heilungschancen.

Sehr häufig ist eine Stimmstörung aber gar nicht organisch bedingt, sondern „funktionell“. Das heißt, durch falschen Gebrauch oder Überlastung der Stimme entstanden. Dann bilden sich kleine Knötchen auf den Stimmlippen, „Schrei- oder Sängerknötchen“ genannt. Bei Schauspielern kommen diese häufig vor – schließlich nutzen sie ihr Instrument in allen Tonlagen, sprechen gegen Lärm an, müssen selbstverständlich die ganze Bandbreite des Ausdrucks auf Abruf bereit stellen: Schreien, Lachen, Flüstern, intensiv, lange und eindringlich sprechen. Viele vergessen leider im Laufe der Berufsjahre, ihr Instrument zu pflegen. Und das Instrument umfasst nicht nur den Kehlkopf, sondern die ganze Person.

Der Grundgedanke für die stimmliche Kommunikation ist das Bedürfnis, sich mitzuteilen.

Die rein mechanische Betrachtung des „Stimmapparates“ hilft uns da nicht weiter, denn als Menschen sind wir keine Sprechroboter, sondern folgen dem natürlichen Impuls, uns auszudrücken. Frei und unzensiert. Ist der Körper frei von Blockaden und hemmenden Gedanken, strömt der Atem automatisch ein und die Stimme stimmt.
Deshalb lege ich im Unterricht großen Wert darauf, herauszufinden, wie Schauspieler mit sich, ihrem Körper, ihren Einstellungen, ihrem Atem und ihrer Stimme umgehen.

Wer beispielweise den Kehlraum durch ungünstige Haltung verengt und die Zunge verkrampft, wer die Atemmuskeln aus Angst vor zu viel Gefühl oder Versagen verkrampft und Impulse unterdrückt, wird dafür früher oder später mit einem Stimmproblem bezahlen. Wer immer unter Strom steht, die Muskeln überspannt und beim Spiel zu viel Druck einsetzt, muss sich über Knötchen nicht wundern. Sie sind dann wahrscheinlich die logische Konsequenz innerer und äußerer Haltung.

Neben Knötchen gibt es noch eine ganze Reihe anderer gutartiger Veränderungen wie Polypen und Zysten, das sind mit Flüssigkeit gefüllte Schleimhautaussackungen oder Verdickungen. Manchmal versagt die Stimme auch ganz ihren Dienst. Im Fachjargon nennt man das „Aphonie“. Spätestens dann ist eine Stimmheilkur anzuraten, falls es keine organische Ursache gibt.

Was also können wir tun bei Stimmstörungen?

Zuerst sollte die Ursache abgeklärt werden. Wenn eine Heiserkeit – unabhängig von einer Erkältung – länger als drei Wochen anhält, sollte man zum Arzt gehen. 
Der HNO-Arzt oder Phoniater kann sich mit einem kleinen Spiegel, den er in den Rachen einführt, den Kehlkopf ansehen. Es gibt auch die Möglichkeit, flexible Endoskope durch die Nase in den Hals zu führen. Letztere Methode wird von sehr vielen Menschen als angenehmer empfunden, weil dabei kein Würgereiz entsteht. Der Arzt betäubt die Nase der Schleimhaut vorher und kann dann von der Höhe des Zäpfchens aus in den Kehlkopf hineinschauen.


Im Frühstadium einer akuten Heiserkeit helfen warme Halsumschläge, heiße Getränke, Dampfinhalationen, Gurgeln oder Bonbons – allerdings nichts Scharfes wie Menthol, eher Salbei. Viele Schauspieler und Schauspielerinnen haben da ihre eigenen Hausmittelchen… einfach mal nachfragen, was sich bewährt hat. Bei schweren bakteriellen Entzündungen müssen unter Umständen auch Antibiotika ran. Ansonsten gilt:
 Bei Heiserkeit ist die Klappe zu halten, ganz einfach. Und nur zu reden, wenn es denn sein muss.

Flüstern kann die Stimmbänder anstrengen – allerdings nur, wenn es druckvoll geschieht. Sanftes Flüstern schadet der Stimme nicht. Stimmruhe ist bei Heiserkeit dennoch die bessere Wahl.

Für Schauspielerinnen interessant: Sängerinnen durften vor nicht all zu langer Zeit wegen „Unpässlichkeit“ auf der Bühne pausieren: während der Menstruation lagert sich Wasser in der Schleimhaut der Stimmlippen ein und stimmliche Höchstleistungen sind dann einfach nicht zu erwarten. Auch die Einnahme von Hormonen kann die Stimmqualität beeinflussen.

Sind Knötchen, Ödeme oder Polypen die Ursache für anhaltende Heiserkeit, kann eine Operation sinnvoll sein. Sie ist oft sogar ambulant möglich, mittels Mikrochirurgie oder Laserskalpell. Ist die Stimmstörung funktionell bedingt, sollten Schauspieler unbedingt Stimmtherapie oder Stimmtraining in Anspruch nehmen, damit Knötchen und Co nicht gleich wieder kommen.

Stimmstörungen vorbeugen

Auch präventiv lässt sich einiges gegen Stimmstörungen tun. Wichtig: die Schleimhäute feucht halten, täglich zwei bis drei Liter trinken und möglichst nicht rauchen- wenigstens nicht direkt vor dem Dreh oder der Vorstellung. Und Atem, Körper und Stimme vor stimmlichen Herausforderungen mit einem Übungsprogramm aufwärmen.


Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Schauspieler erst zu mir kommen, wenn die Probleme schon da sind. Denn Logopädie und Stimmtraining ist ja nur relevant, so wird oft gedacht, wenn Heiserkeit oder Knötchen weiteres Arbeiten verhindern.

Aber das stimmt nicht. Gerade die Stimme ist ein Instrument, welches gepflegt und regelmäßig trainiert werden sollte. Klar, man sollte die Schleimhäute feucht halten, täglich zwei bis drei Liter trinken und möglichst nicht rauchen. Aber mit präventiven Übungen lässt sich auch einiges gegen Stimmstörungen tun: in Gruppenarbeit oder auch durch eine Auffrischung von Aufwärmübungen im Einzelunterricht.

In den letzten Jahren hat sich viel getan: mit lustvollen, energetischen Warmups von Atem, Körper und Stimme kann sich jeder auf stimmliche Herausforderungen vorbereiten und ein eigenes übungsprogramm zusammenstellen. Es geht schon lange nicht mehr darum den Körper als Maschine anzukurbeln, damit die Stimme “funktioniert”. Dazu sollte regelmäßiges Körper-Stimmtraining in sprechintensiven Berufen selbstverständlich sein, um den Atem frei und die Stimme geschmeidig zu halten und belastbarer zu machen. Um Resonanzräume aufzuschließen und immer feiner im Ausdruck zu werden. Und um die Stimme zu stärken, denn eine starke Stimme wird so schnell nicht krank.

Wenn Sie selbst etwas gegen eine Stimmstörung tun oder einer Stimmstörung vorbeugen möchten, rufen Sie mich gern für ein kostenloses und freibleibendes Beratungsgespräch an. Oder senden Sie mir eine E-Mail an c.kugler@christinekugler.de

Foto von David Mao auf Unsplash

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