Klappe-Pitch – die zweite. Uuuuuund: action!
In einem vorherigen Artikel habe ich über die Notwendigkeit des Selbstmarketings für Schauspieler geschrieben – und auch über deren Unfähigkeit in dieser Sache. In meinen Elevator-Pitch Workshops reagieren Schauspieler oft mit Widerstand auf das Vokabular des Marketings, welches zwangsläufig zum Thema gehört.

Wer von „Wunschkunden“, „Gewinn“ und „Nutzen“ spricht, von „Alleinstellungsmerkmal“ und „Unique selling point“ (USP) kann ja nur eines wollen: anderen etwas aufquatschen. So meinen viele Schauspieler. Und es stimmt ja auch: jeder kennt Beispiele von nervigen Menschen, die uns sinnloses Zeug andrehen wollen. Aber ich meine: gerade Schauspieler können sich sehr wohl der Werkzeuge des Marketings bedienen, um sie von ihrer schmierigen, ekligen Oberfläche zu befreien, genau anzuschauen und gezielt einzusetzen.

Und so könnten einige dieser Instrumente dann aussehen – Fragen beantworten!

Frage eins: Wer ist dein „Wunschkunde“?

Auch wenn du schon seit langem kein Engagement hattest und nichts sehnlicher möchtest als spielen: ich glaube nicht, dass du wirklich mit jedem Regisseur, auf jeder Bühne arbeiten, in jeder Casting-Agentur vertreten sein willst. Wohin zieht es dich wirklich? Wer ist dein Traumregisseur, deine Traumintendantin, die Lieblings-Casterin – und warum? Was ist typisch für deinen Wunschkunden, wie sieht er aus, was braucht er? Sei dir bewusst, dass Regisseure und Caster auf Schauspieler angewiesen sind, sie brauchen dich! Je genauer du deinen Wunschkunden beschreiben kannst, desto besser kannst du ihn ansprechen und desto leichter wirst du ihn auch anziehen, selbst wenn du seinen oder ihren Namen noch nicht kennst.

Frage zwei: Was ist genau dein Produkt, deine Dienstleistung?

Hast du dich das jemals gefragt? Falls nein: dann wird es höchste Zeit. Die Frage ist spannender als man zuerst denkt: wir sind selbst das Produkt, das wir verkaufen. Aber was genau tun wir? Spielen. Hm. Tanzen vielleicht. Hm. Sprechen. Hm.

Das ist zwar alles richtig, aber es klingt langweilig und beliebig! Warum gehen Menschen ins Theater oder schauen sich einen Film an? Sie wollen nicht Schauspieler spielen sehen – sie wollen entführt werden in eine andere Welt, den Alltag vergessen, schöne Stimmen genießen, eine Geschichte erzählt bekommen, berührt und vielleicht sogar verwandelt werden, lachen und weinen, Ideale vorgelebt bekommen, unterstützt, bestätigt oder hinterfragt werden in ihrem Denken, wieder mal auf andere Gedanken kommen, sich spüren, Lebensfreude, Leichtigkeit, Unbeschwertheit erleben und und und….. Wir spielen nicht, wir eröffnen Welten. Also, lass’ dir etwas einfallen, was dich spannend beschreibt, und gut zu dir passt.

Frage drei: Was ist dein erster Satz?

Wie beginnt man ein Gespräch? Welche Möglichkeiten bieten sich an? An dieser Stelle möchte ich eine Reaktion einer Casterin auf meinen Beitrag in der letzten cast zitieren: „Auf der Berlinale wurde ich oft zwischen hilflos äh-und-äh bis hin zu etwas seltsam, auch mal gern angetrunken von deutschen Schauspielern angesprochen. dagegen haben mich nicht-deutsche Schauspieler wieder verzaubert mit ihrer höflichen Art und Weise, mich angenehm-geschickt in ein Gespräch zu verwickeln…. diese Unterschiede des Akquirierens begegnen mir immer wieder.“

Es gibt unzählige Möglichkeiten eines Gesprächseinstiegs.

Die Situation selbst wird uns, wenn wir aufmerksam und sensibel sind, den Auftakt nahelegen. Am Besten bist du natürlich gut vorbereitet und kennst deinen „Wunschkunden“ sehr gut. Dann fällt es viel leichter, das Interesse deines Gegenübers zu wecken und die richtigen Fragen zu stellen, bzw. sprachlich geschickt zu reagieren. Aber möchte dein Gegenüber wirklich angesprochen werden? Wie wäre es mit einem kleinen Smalltalk als Appetizer? Smalltalk ist ein kleiner Schritt für einen Menschen und scheinbar ein riesiger Sprung für einen Schauspieler. Smalltalk und kleine Alltagszenen lassen sich wunderbar proben, mit SchauspielerInnen und auch Nichtschauspielern.

Auch Geschichten, Fragen oder Analogien können einen Einstieg ins Gespräch bieten. Als Motivation kann der Gedanke dienen: wer sich nicht zeigt, wird auch nicht gesehen.

Schauspieler haben keinen Grund, sich zu verstecken. Sie haben etwas Besonderes und Einzigartiges anzubieten, ihre Arbeit ist kostbar und wertvoll. Nur wenn wir davon selbst überzeugt sind, können wir andere davon überzeugen. Und dieses wertvolle Gut zu einem angemessenen Preis verkaufen. Falsche Bescheidenheit ist keine Zier. Sie ist Zeichen eines verminderten Selbstwerts und für freischaffende Schauspieler pures Gift.

Also nichts wie ran an den Elevator Pitch!

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