Szene/Setting: Berlinale 2014, am fast leeren Buffet. Schauspielerin X hat die Premiere von „The great Berlinale“ gesehen und begegnet Regisseur Y – eine traumhafte Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Sie: „Hallo, das ist ja toll, dass ich Sie treffe! Sie sind doch der – äh – Regisseur von dem Film und ich bin ja – äh – Schauspielerin und würde – äh – also ja, – äh – gern mal mitspielen, wenn das vielleicht möglich wäre eventuell…“

Er: „Seufz…“

Warum fällt es den meisten Schauspieler*innen so unglaublich schwer, sich selbst zu vermarkten? Haben sie es etwa nicht gelernt?

Bei Schauspielern ist das Wesentliche eigentlich vorhanden: Sie haben gut ausgebildete Sprechwerkzeuge, der Atem ist frei, die Stimme resonanzvoll. Es ist auch im Moment ein echtes Interesse vorhanden. Woran hapert es dann? Es ist die Darstellung, die genaue Wortwahl. Wie sag ich´s doch mal gleich? Es geht darum, die richtige Sprache für die Selbstpräsentation zu finden und selbstbewusst zu äußern.

Vielen Schauspielern ist das lästig, den meisten unangenehm. Manche denken: „Lasst mich meine Kunst machen und mit dem Rest in Ruhe“. Aber wenn es drauf ankommt, sollte jeder Künstler auf sich aufmerksam machen können. Keine Agentur kann einem eine so tolle Gelegenheit wie oben geschildert abnehmen. Also wie können Schauspieler sich stimmig und erfolgreich präsentieren?

Essentiell ist es, sich vorher genau zu überlegen, welche drei Punkte wirklich wichtig sind. An welche drei Dinge sollte sich ein Gesprächspartner erinnern, wenn er oder sie zu Hause deine Visitenkarte wieder findet? Welche Inhalte sind interessant, einzigartig, unverwechselbar? Dann ran an die „Szene“: schreib dir dein Drehbuch dafür selbst. Text und Regie übernimmst du. Nimm dir einen Kollegin oder eine gute Freundin dazu. Außenwahrnehmung ist wichtig und gemeinsam macht die Sache noch viel mehr Spaß.

Es gibt verschiedene Versionen, die du dir ausdenken und schriftlich fixieren kannst und am Besten auswendig lernen solltest. Auswendig lernen? Richtig gelesen. Nicht, um die wesentlichen Inhalte abzuspulen, sondern sie im Falle eines Falles, auch in großer Aufregung, parat zu haben. Die „Basics“ kannst du dann je nach Situation und Laune aktualisieren und verändern, so bleibt deine Präsentation lebendig.

Es lohnt sich, diese fiktive Selbst-Präsentation aufzunehmen, und nachher die Aufnahme zu analysieren. Wie oft hast du folgende Wörter gehört: „man, vielleicht, also, ähm, n´bisschen, sozusagen, eventuell, unter Umständen“? Diese Wörter sind Weichmacher, Weichmacher sind Weghörsignale und entwerten alles, was wir sagen. Schau deine Satzstruktur genau an: neigst du zu langen, komplizierten Schachtelsätzen oder Endloslitaneien? Benutzt du Weichmacher? Sprichst du schnell oder undeutlich? Ist deine Mimik und Gestik lebendig, nimmst du Blickkontakt auf? Wie wirkst du insgesamt? Genervt, nervös, freundlich, engstirnig, besserwisserisch, cool, frisch?

Schaffst du es, in 30-60 Sekunden überzeugend zu sein, nennt sich das „Elevator Pitch“. Dieser Ausdruck kommt aus den USA. Dort hat der Chef sein Büro ganz oben im Skyscraper, muss sein Luxusklasseauto aber erst in der Tiefgarage parken. Die ursprüngliche Idee ist es, während einer Aufzugfahrt in die 42. Etage, das Interesse potenzieller Kunden für deine Produkte und Dienstleistungen zu gewinnen. 
In maximal 30 – 60 Sekunden sollte das möglich sein. So lange dauert die Aufzugsfahrt – und das ist ungefähr auch die Zeitspanne, die sich in unserem Eingangsbeispiel ein Regisseur nehmen wird, am kalten Buffet mit dir zu plaudern.

Das hört sich vielleicht sehr kurz an. Mit entsprechender Vorbereitung können wir diese Zeit jedoch effektiv nutzen, um bei unseren Gesprächspartnern die Tür für weitere Gespräche zu öffnen. Wie im Verkauf kommt auch hier die sogenannte AIDA-Formel zum Einsatz: Attention, Interest, Desire, Action. Also: Aufmerksamkeit wecken, neugierig machen, das „Haben wollen“ erzeugen und dann den Zuhörenden zum Handeln bewegen – denn das ist das Ziel. Ein erfolgreicher Abschluss ist die Übergabe bzw. der Austausch der Visitenkarte(n), oder noch besser eine Terminvereinbarung. Der Elevator Pitch ist also eine Kurzpräsentation.

Stimm- und Sprechtraining kann dich dabei unterstützen, deinen Pitch nicht als eine fremde Rolle zu empfinden, sondern als eine natürliche, dir entsprechende Situation. Vor allem in so kurzen Begegnungen ist deine Stimme deine wichtigste Visitenkarte. Ob du selbstsicher oder aufgeregt bist, eine gepflegte, tragende, resonanzreiche Stimme hast und dein Atem frei ist, wirkt auf dein Gegenüber. Deine Stimme und deine Sprache kannst du gezielt einsetzen, zum Beispiel, um Interesse oder Emotionen zu wecken und so noch besser im Gedächtnis zu bleiben. Unterricht in der Gruppe kann dabei enorm unterstützen- gemeinsam macht das „pitchen“ lernen viel mehr Spaß und du bekommst jede Menge hilfreiches und professionelles Feedback. Also, nix wir ran! Finde im neuen Jahr mindestens eine Traumrolle.

Foto: Antenna / Unsplash

« Zurück zur Übersicht